Heilen, färben, ernähren, böse Mächte vertreiben und dabei auch noch gut aussehen? Für einen gut aufgestellten Klostergarten kein Problem. Schon der Heilige Benedikt von Nursia (480-547) legte den Ordensbrüdern die Selbstversorgung nahe und empfahl in seiner Ordensregel: „Das Kloster soll (…) so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet“ (Kapitel 66). Auch die Augustiner-Chorherren in Dalheim orientierten sich an der Schrift des Benedikt – nicht nur in puncto Gartenbau.
Alles im grünen Bereich
Das blühende Leben – der Kräutergarten
Der Garten sollte nicht nur die Kochtöpfe füllen, sondern auch die Krankenbetten leeren. Mit ihren reichen Beständen an Heilpflanzen richteten schon mittelalterliche Klöster Infirmarien (Krankenstuben) ein. Immerhin war die „Sorge für die Kranken“ dem Heiligen Benedikt ein Hauptanliegen in seiner Ordensschrift. So überrascht es auch nicht, dass der Idealplan der St. Galler Klosteranlage aus dem 9. Jahrhundert sogar für jede der damals gängigen 16 Heilpflanzen ein eigenes Beet vorsieht. Die Konvente sammelten antike Schriften zur Heilkunde in ihren umfangreichen Klosterbibliotheken und schrieben ihre eigenen Erkenntnisse nieder. Heilkräuter kamen in Tropfen, Pillen, Salben, Pest- und Seelenarznei zum Einsatz. Karl der Große schuf im 9. Jahrhundert durch seine Landgüterverordnung die Grundlage für die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Unter den 40 Heilkräutern, die er in allen kaiserlichen Gütern und Klöstern des Reiches angepflanzt wissen wollte, finden sich Salbei, Anis, Fenchel, Malve, Melisse und Pfefferminze. Eine Auswahl dieser Pflanzen wächst heute auch im Dalheimer Kräutergarten nahe der Krankenhausruine. Übrigens versorgten die Dalheimer Chorherren auch Kranke aus den umliegenden Ortschaften, wie Schriftquellen aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert belegen
Ein Ort zum Wurzeln Schlagen – der Konventgarten
Verborgen hinter dicken Mauern sollten Klostergärten ab dem späten Mittelalter auch zur Entspannung der Ordensleute und zur Kontemplation einladen. So beschreibt der Dominikaner Albertus Magnus 1260 als erster einen Garten mit Sitzgelegenheiten, in dem sich „die Sinne erholen und die Menschen sich ergötzlich ausruhen können.“ Vor allem im höfischen Bereich entwickelte sich in Italien ab der Mitte des 15. Jahrhunderts eine komplexe Gartenbaukunst mit Hecken, Terrassen und Wasserspielen, die in Frankreich variiert wurde und schließlich auch im deutschsprachigen Raum Anklang fand.
Der Dalheimer Konventgarten basiert auf der barocken Klosteranlage, wie sie aus den 1720er Jahren überliefert ist: Rund um den zentralen Springbrunnen finden sich symmetrisch angelegte Beete mit Nutz-, aber auch Zier-, und Symbolpflanzen. Im Bereich des heutigen Spielplatzes, nahe der südlichen Klostermauer, gab es vermutlich schon im 18. Jahrhundert einen Bereich für den formlosen Zeitvertreib und sogar eine Kegelbahn. Turniere mit umliegenden Dörfern werden hier aber nicht stattgefunden haben. Der Dalheimer Konventgarten durfte damals nämlich allein von den Ordensleuten betreten werden.
VIP-Bereich im Kloster – der Prälaturgarten
Vom Konventgarten führt ein kleines Schmuckparterre zwischen Aposteltor und Ehrenhof in den niedriger gelegenen Prälaturgarten. Sein Name leitet sich von der angrenzenden Prälatur ab, in der der Prior (Klostervorsteher) lebte. Dieser Außenbereich war repräsentativ gestaltet und mit Sonnenuhr, Orangerie und kleinem Gartenhaus ausgestattet, das 1845 zum Uhrturm umgebaut wurde. In den symmetrisch arrangierten Beeten wuchsen Zier- und Nutzpflanzen, wie Kohlsorten, Kräuter und Obstbäume. Der gesamte Bereich war ausschließlich dem Prior und seinen Gästen vorbehalten. Heute hingegen ist genau dieser Garten mit Ausblick auf das Klostergelände das Erste, was Dalheim-Besucher nach dem Durchschreiten des Museumseingangs in der Orangerie erblicken.
Literatur:
- Matthias Preißler: „Der barocke Konventgarten von Kloster Dalheim". In: Matthias Wemhoff (Hrsg.): Barocke Blütezeit. Die Kultur der Klöster in Westfalen. Regensburg, 1. Auflage 2007, S.47-59
- Matthias Preißler: Das Paradies hinter der Mauer. Die Dalheimer Klostergärten, Berlin u. a. 2010