Ein Garten wie gemalt – Die Rekonstruktion der Dalheimer Klostergärten

10.02.2022 Redaktion Kloster Dalheim

Ein Vergleich der sogenannte Schonlau-Vedute aus dem Jahr 1740 (Ausschnitt) und dem heutigen Zustand der Klosteranlage in Dalheim. Foto: (l.) Ansgar Hoffmann / (r.) LWL/SiegersbuschFilm

200 Jahre Dornröschenschlaf

Gärten sind seit dem frühen Mittelalter als Nahrungsquelle, Apotheke und Ort der inneren Einkehr fester Bestandteil eines Klosters – so auch in Dalheim. Doch wurde das hiesige Kloster 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst, unter preußischer Verwaltung zur Staatsdomäne umgebaut und im 20. Jahrhundert als privater Gutshof genutzt. Wer sich vergegenwärtigt, dass Kirche und Kreuzgang in dieser Zeit als Viehställe verwendet wurden, der kann erahnen, wie es den pflegeaufwendigen Gartenanlagen ergangen sein muss.

Sie zu rekonstruieren, kam einer Detektivarbeit gleich, da kaum aussagekräftige Schriftquellen überliefert sind. Insbesondere über die mittelalterlichen Klostergärten in Dalheim weiß man heute wenig. Aus der Barockzeit sind hingegen zwei großformatige Gemälde von besonderem Reiz erhalten, die in der Dauerausstellung des Klostermuseums zu sehen sind.

Ein Bild sagt mehr...

Die älteste bekannte Darstellung der Dalheimer Außenanlage stammt von Carl Fabritius aus dem Jahr 1665. Die Ansicht aus östlicher Richtung zeigt Grünflächen innerhalb der Klostermauern, Kirchenruine und eine Anhöhe im linken Bildbereich – all das finden wir auch heute in ähnlicher Weise wieder. Die zahlreichen Wirtschaftsgebäude, die sich ohne erkennbare Ordnung bis an die westliche Klostermauer reihen, wurden hingegen in den folgenden Jahrzehnten größtenteils abgetragen, um einem symmetrischen Arrangement zu weichen.

Die Fabritius-Vedute aus dem Jahr 1665 zeigt vor allem die Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Klosters Dalheim. Erzbischöflicher Stuhl zu Paderborn. Foto: (o.) Ansgar Hoffmann / (u.) LWL/SiegersbuschFilm

Hatten mittelalterliche Klostergärten vor allem die Ernährung und damit die wirtschaftliche Unabhängigkeit einer Ordensgemeinschaft zu sichern, dienten sie in der Frühen Neuzeit zunehmend auch der Erholung und Kontemplation sowie der Repräsentation. So fanden Elemente der höfischen Gartenbaukunst Italiens und Frankreichs, beispielsweise Terrassen, Broderien und Wasserspiele, bald ihren Weg in die Klostergärten Europas.

Die Schonlau-Vedute aus dem Jahr 1740 war eine der wichtigen Grundlage zur Rekonstruktion der Dalheimer Klostergärten. Foto: Ansgar Hoffmann

Das andere Gemälde, die sogenannte Schonlau-Vedute aus dem Jahr 1740, präsentiert das Kloster Dalheim in seiner barocken Blütezeit mit Ehrenhof und den aufwendigen Zubauten, die unter dem Priorat von Bartholdus Schonlau (1708–1730) entstanden. Der Betrachter schaut aus der Richtung des heutigen Besucherparkplatzes im Westen über die Klostermauer in die verschiedenen Gärten, entdeckt Sonnenuhr, Springbrunnen und Baumkanzel exakt dort, wo sie auch heute wieder zu finden sind.

Die Details aus der Schonlau-Vedute finden sich heute wieder oder noch immer auf dem Klostergelände. Foto: LWL/Ansgar Hoffmann 1 / LWL/Kruck 2,3,4,5,7 / LWL/SiegersbuschFilm 6

Das Werk ist nicht nur enorm detailliert, sondern auch sehr realitätsnah, wie archäologische Befunde bestätigen. Selbst die Art und Position einzelner Bäume scheint den Jahrhunderten zu trotzen. Aber auch Verlorengegangenes, wie die Figurengruppe auf dem Aposteltor oder die Bartholomäuskapelle am Ende des Klostergeländes sind in dem Gemälde festgehalten.

Querbeet

Die genannten archäologischen Ausgrabungen brachten neben Fundamentresten, Glas- und Keramikfunden auch Pflanzensamen zutage. Auf dieser Basis konnten Beete angelegt und einige historische Gewächse, wie der „gezähnte Feldsalat“ in Dalheim wieder kultiviert werden. Rund zwei Hektar der einstigen Dalheimer Klostergärten wurden zwischen 2006-2010 wiederhergestellt. Dabei war die Schonlau-Vedute eine der wichtigsten Grundlagen.

Bei den umfangreichen archäologischen Ausgrabungen kamen einige Überraschungen zum Vorschein. Foto: LWL/Tillmann

Literatur:

  • Matthias Preißler: „Der barocke Konventgarten von Kloster Dalheim". In: Matthias Wemhoff (Hrsg.): Barocke Blütezeit. Die Kultur der Klöster in Westfalen. Regensburg, 1. Auflage 2007, S.47-59
  • Matthias Preißler: Das Paradies hinter der Mauer. Die Dalheimer Klostergärten, Berlin u. a. 2010